Der RaUM hat was zu feiern – 40 Jahre Soziale Gruppenarbeit im RaUM

Alles hat ein Vorspiel
Ja natürlich, die eingesessen Rödelheimer wissen, dass das Gemeindehaus der Evangelischen Cyriakusgemeinde in der Wolf-Heidenheim-Straße 7 bereits am 8. Mai 1975 eingeweiht wurde unter dem Motto: „Der schönste Schmuck des neuen Hauses ist ein lebendiges Gemeindeleben!“. Und von Beginn an gab es im Keller des Hauses Räumlichkeiten, die für Kinder und Jugendliche aus dem Wohngebiet Wolf-Heidenheim-Straße/Zentmarkweg vorgesehen waren. Pfarrer Hans-Joachim Abele und Pfarrerin Elke Klee öffneten sie erstmals für die ebenso neue Wohnsiedlung. Dabei stellte sich sogleich heraus, dass es einen großen Bedarf für Kinder gab, die keinen Hortplatz ergattern konnten und ihre Freizeit eher auf den Straßen der Siedlung verbringen mussten. Sehr pragmatisch wurden für diese Kinder die Türen für eine Hausaufgabenhilfe geöffnet. Und da in der Kindertagesstätte nebendran immer etwas Essen übrigblieb, wurde dieses an die Hausaufgabenhilfekinder ausgegeben. Als dann die Gemeindepädagogenstelle mit dem Schwerpunkt offene Kinder und Jugendarbeit im Gemeindehaus Wolf-Heidenheim-Straße 1982 mit Heiko Lüßmann neu besetzt wurde, zeichnete sich bald ab, dass es notwendig wurde, ein pädagogisches Konzept für ein verbindliches Gruppenangebot mit dem Ziel einer nachhaltigen Förderung der Kinder und Jugendlichen abgestimmt auf die Bedarfe der Wohnsiedlung zu entwickeln. Und so wurde ein noch heute wichtiger Pfeiler der pädagogischen Arbeit des RaUMs errichtet, der im Jahr 1983 das Licht Rödelheims erblickte. Die Soziale Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Das Konzept für ein Projekt
Am 1. Oktober 1983 startete das Projekt „Soziale Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen“ im Jugendbereich des Gemeindehauses in der Wolf-Heidenheim-Straße 7 auf der Grundlage eines von Heiko Lüßmann erarbeiteten Konzeptes für die Betreuung einer festen Gruppe von 8 Kindern aus dem Sozialraum Wolf-Heidenheim-Straße/Zentmarkweg. „Im Mittelpunkt (des Konzeptes) stand der Aufbau von Strukturen, die den Kindern und Jugendlichen in einer kleinen, überschaubaren und geschlossenen Gruppe über einen langfristigen Zeitraum hinweg ein weiteres Sozialisationsfeld neben Elternhaus und Schule gewährleisten konnte.“ (Zitat aus: Ein kurzer Rückblick in die Geschichte der Sozialen Gruppenarbeit mit Kindern und Jugendlichen – verfasst 1996 anlässlich der 21-Jahrfeier des Gemeindehauses)

Mit dem Angebot wurde Kindern und Jugendlichen ein verlässlicher und vertrauensvoller Raum geboten, in dem sie neben einem täglichen Mittagessen und einer intensiven nachschulischen Unterstützung im Rahmen von Hausaufgabenhilfe und individueller Lernförderung, sich selbst im sozialen Gruppenleben erfahren konnten.

Das Entdecken und Erproben eigener Stärken und Fähigkeiten und damit verbunden eine Stärkung des Selbstbewusstseins, die Förderung von Verantwortungsgefühl gegenüber der Gruppe und sich selbst, das Erproben von lösungsorientierten Strategien im Umgang mit Konflikten wurden neben der Unterstützung der Kinder und Jugendlichen bei der Erlangung eines Schulabschlusses als wichtige Ziele des Projektes formuliert.

Zum Konzept gehörte auch der regelmäßige Kontakt zu den Lehrer*innen der Gruppenmitglieder und eine intensive Elternarbeit.

Damit wurde ein konzeptioneller Grundstein gelegt, auf dem auch heute noch die Arbeit des RaUMs mit der täglichen Gruppe im Rahmen des pädagogischen Mittagstischs basiert.

Geburtshelfer – Die ABM machts möglich
Wer weiß heute noch, was eine ABM ist?! In den 80ziger Jahren des letzten Jahrhunderts war die Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gerade auch im pädagogischen Bereich ein bewährtes Instrument, um Projektideen mit Personal auszustatten. Dabei handelte es sich meist um eine win-win Situation. Vom Arbeitsamt gefördert wurden Arbeitnehmer*innen, die von Arbeitslosigkeit betroffen waren und eine Stelle suchten und der Arbeitgeber, der ein Projekt mit einer qualifizierten Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter besetzen wollte, jedoch dafür zunächst keine finanziellen Ressourcen zur Verfügung hatte. Im besten Falle konnte nach 3 Jahren ABM daraus eine feste, nun vom Arbeitgeber finanzierte Stelle entstehen.

Da allen Beteiligten klar war, dass das ambitionierte Projekt Soziale Gruppenarbeit nur mit einer zusätzlichen qualifizierten pädagogischen Fachkraft umzusetzen war, stellte die Cyriakusgemeinde mit dem vorliegenden Konzept einen Antrag beim Arbeitsamt auf Förderung einer vollen Stelle. Das Konzept überzeugte und so konnte am 1. Oktober 1983 mit der Diplompädagogin Erika Kuhl der Start ins Abenteuer Soziale Gruppenarbeit beginnen.

Man kann also mit Fug und Recht davon sprechen, dass das Arbeitsamt als Geburtshelfer der Sozialen Gruppenarbeit fungierte.

Das Projekt wird erwachsen und überzeugt Stadt und Land
Begleitend zur Sozialen Gruppenarbeit konnten nun gezielt die weiteren zukünftigen Bausteine der pädagogischen Arbeit des RaUMs aufgebaut werden. Geschlechtsspezifische Gruppenangebote für Mädchen und Jungen wurden genauso zu einem festen Bestandteil der Arbeit, wie eine Vielzahl von kulturellen und kreativen Angeboten, Ferienspiele, ein offener und selbstverwalteter Treff für Jugendliche, der Aufbau der Töpferwerkstatt und der Ausbau von gezielten Angeboten für Eltern und Erwachsene aus dem Stadtteil z.B. mit dem Angebot der Rödelheimer Werkwochen.

Das Gesamtkonzept der Arbeit war so überzeugend, dass das Jugendamt Frankfurt, das Land Hessen und der Landeswohlfahrtsverband Hessen 1986 gemeinsam die Finanzierung der Arbeit sicherstellten und die nach 3 Jahren auslaufende ABM-Stelle in eine feste pädagogische Stelle umgewandelt werden konnte. Mit Uschi Saewert wurden vor allem die geschlechtsspezifischen Angebote für Mädchen und junge Frauen aufgebaut. Dabei gelang es besonders gut, einen vertrauensvollen Anlaufpunkt für junge muslimische Frauen aus der Siedlung zu schaffen. Dies förderte die Akzeptanz der Arbeit vor allem auch bei den muslimischen Eltern in der Wohnsiedlung.

1993 übernahm Ute Gröbner den Staffelstab, den sie heute als Leiterin der Einrichtung weiterträgt.

Aus der Sozialen Gruppenarbeit wird der RaUM für Kinder und Teenies
Wie lässt sich das pädagogische Angebot der Einrichtung auf einen griffigen Nenner bringen, einen Namen, der den täglichen Besucher*innen eingängig über die Lippen geht. Am besten fragt man sie selbst. Bereits zu Beginn der 80ziger Jahre hatten die Kinder und Jugendlichen von ihrem Raum gesprochen, wenn sie die Kellerräume im Gemeindehaus aufsuchten. Und so wurde 1997 in einer gemeinsamen Aktion und mit Unterstützung der Rödelheimer Grafikerin Vivienne Rudolph das Logo RaUM geschaffen, dass das Konzept der Einrichtung im wahrsten Sinne des Wortes auf einen Punkt bringt: RaUM für Kinder und Teenies.

In der Folgezeit wuchs nicht nur die Vielfalt der Angebote u.a. mit der Verantwortungsübernahme für das Kinderkulturprogramm in Rödelheim, es wuchs auch die Anzahl der pädagogischen Mitarbeiter*innen und Honorarkräfte. Gleichzeitig startete das Patenschaftsprojekt RaUM mit Zukunft, über das sich Patinnen und Paten gefunden haben, die die Arbeit des RaUMs verbindlich und langfristig finanziell fördern und ein Ausdruck für die Akzeptanz und Wertschätzung der Arbeit sind.

2006 wurde der RaUM schließlich als offene Kinder- und Jugendeinrichtung in die verbindliche Förderung des Jugendamtes der Stadt Frankfurt aufgenommen.

Der RaUM und seine Soziale Gruppenarbeit sind als einzige Einrichtung der offenen Kinder- und Jugendarbeit aus dem Stadtteil Rödelheim nicht mehr wegzudenken und werden diese Aufgabe auch unter der neuen Trägerschaft des Evangelischen Vereins für Jugendsozialarbeit fortsetzen.